Die gesetzliche Erbfolge.
Die gesetzliche Erbfolge wird auch Intestaterbfolge genannt und ist sozusagen eine Ersatzerbfolge. „Intestat“ bedeutet, dass ein Erblasser keine Anordnungen, also kein Testament oder Erbvertrag hinterlässt, in welchen er über seinen Nachlass verfügt.
Dementsprechend kommt eine vom Gesetzgeber vorgesehen Erbfolge zum Zug. Die verschiedenen Möglichkeiten dieser gesetzlichen Erbfolge sowie die Regeln werden im Folgenden erläutert.
Zusammenfassung der Erbfolge:
- Der Erblasser kann über seinen Nachlass verfügen, muss aber die gesetzlichen Schranken, insbesondere die Pflichtteile beachten.
- Pflichtteilsberechtigte Erben sind die Nachkommen und der Ehegatte oder eingetragene Partner.
- Greift mangels Erbvertrags oder Testament die gesetzliche Erbfolge, erfolgt die Aufteilung in so genannten „Parentelen“. Eine Parentel ist eine Gruppe von Blutsverwandten, welche über einen gemeinsamen Erblasser verbunden wird.
- Die frühere Parentel schliesst die tiefere Parentel aus, das heisst, die Personen in der zweiten Parentel kommen nur zum Zug, wenn es keine Erben in der ersten Parentel gibt.
Wie funktioniert die gesetzliche Erbfolge?
Die gesetzliche Erbfolge kommt zum Zug, wenn der Erblasser seinen Nachlass gar nicht oder aber nicht vollständig verteilt. In der Schweiz werden die möglichen Erben in Parentelen eingeteilt, was eine Gruppe von Blutsverwandten, welche über einen gemeinsamen Vorfahren verbunden sind, darstellt.
Die erste Parentel umfasst die Nachkommen, die zweite Parentel die Eltern und deren Nachkommen und die dritte Parentel die Grosseltern und deren Nachkommen.
Eine höhere Parentel schliesst die tiefere aus. Die Ehegatten oder eingetragenen Partner stehen ausserhalb der Parentelen. Neben der ersten Parentel erben die Ehegatten oder eingetragenen Partner die Hälfte, neben der zweiten Parentel 3⁄4 und neben der dritten Parentel den ganzen Nachlass.
Wann findet die gesetzliche Erbfolge Anwendung?
Wenn der Erblasser zu Lebzeiten kein gültiges Testament oder keinen Erbvertrag abschliesst, kommt in der Schweiz die gesetzliche Erbfolge zum Tragen.
Das heisst, das Gesetz greift immer, wenn der Nachlass nicht durch den Erblasser zugewiesen wird. Dasselbe gilt auch, wenn ein Teil des Nachlasses nicht verteilt wird, denn dieser fällt dann an die gesetzlichen Erben.
Was ist ein Parentel?
Das schweizerische Erbrecht folgt der germanischen Parentelordnung, welche zur Anwendung gelangt, wenn der Erblasser keine Anordnungen getroffen hat und die gesetzliche Erbfolge zu Zug kommt. Obwohl die Kette der Parentelen im Grundsatz unendlich ist und kein Ende erfährt, sind in der Schweiz nur die ersten drei Parentelen relevant.
Zudem ist zu beachten, dass die frühere Partentelen die tiefere ausschliesst.
Und dies ist bereits dann der Fall, wenn schon nur eine Person einer Parentel vorhanden ist. Das heisst, wenn z.B. eine Person der zweiten Parentel vorhanden ist, erbt diese alles, auch wenn es Personen der dritten Parentel gibt.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass keine Personen der ersten Parentel vorhanden sind. Das Parentelsystem folgt nämlich dem Grundsatz, dass die Personen, welche das engere familiäre Verhältnis zum Erblasser haben, in einer näheren Parentel und deshalb bevorzugt erbberechtigt sind.
Was ist die „erste Parentel“?
Die erste Parentel umfasst die Personen, welche die nächste Beziehung zum Erblasser haben – seine Nachkommen. Dabei werden alle Nachkommen umfasst. Das heisst neben den Kindern sind auch deren Kinder, das heisst die Grosskinder des Erblassers Nachkommen. Es spielt zudem keine Rolle, ob es sich bei den Kindern um eheliche oder nichteheliche Kinder handelt. Auch die Adoptivkinder werden umfasst.
Stiefkinder zählen nicht zu der ersten Parentel, es sei denn diese werden adoptiert.
Sind mehrere Personen in der ersten Parentel vorhanden, so erben nur die älteren Personen eines Stammes, das heisst, jedes Kind bildet wieder einen Stamm. Sollte z.B. ein Erblasser 2 Kinder haben, welche ihrerseits wieder Kinder haben, so erben nur die direkten Kinder.
Und zwar erbt jedes dieser Kinder zu gleichen Teilen (Gleichheitsprinzip). Sollte eines der Kinder aber nicht erben können, weil es z.B. vorverstorben ist, erbunwürdig ist oder die Erbschaft ausschlägt, so erben die Nachkommen dieses Kindes den Erbteil (Eintrittsprinzip).
Sollten keine Nachkommen bestehen, oder diese ebenfalls ausschlagen, so erben die anderen Kinder auf der gleichen Stufe (Anwachsungsprinzip). Nur wenn es keine Person in der ersten Parentel gibt, ist die zweite Parentel erbberechtigt.
Was ist die „zweite Parentel“?
Die zweite Parentel umfasst die Eltern des Erblassers und deren Nachkommen. Auch hier gilt das Gleichheitsprinzip, das heisst, wenn beide Eltern leben, erbt jeder der Eltern einen gleichen Teil (Gleichheitsprinzip).
Sollten die Eltern nicht leben, gilt das Eintrittsprinzip und die Nachkommen, das heisst die Geschwister des Erblassers und deren Nachkommen erben wieder. Sollte ein Elternteil vorverstorebne sein, so wächst das Erbe dem anderen Teil an (Anwachsungsprinzip).
Sollten auch keine Nachkommen der zweiten Parentel erbberechtigt sein, so fällt das Erbe an die Dritte und letzte, relevante Parentel.
Was ist die „dritte Parentel“?
Die dritte Parentel ist die letzte für die gesetzliche Erbfolge relevante Parentel. Sollten keine Erben der dritten Parentel vorhanden sein, erbt nicht die vierte Parentel, sondern das Gemeinwesen, das heisst entweder der letzte Kanton, in welchem der Erblasser seinen letzten gesetzlichen Wohnsitz hatte oder eine vom Kanton bezeichnete Gemeinde.
Die dritte Parentel umfasst, die Grosseltern und deren Nachkommen. Wiederum ist zunächst das Gleichheitsprinzip zu beachten, das heisst, wenn alle Grosseltern des Erblassers leben, erben diese alle zu gleichen Teilen. Sollte einer der Grosseltern vorverstorben sein, so gilt nach dem Eintrittsprinzip, dass die Nachkommen der Grosseltern diesen Teil erben.
Nur wenn ein Grosselternteil vorverstorben ist und keine Nachkommen hat, geht der Erbteil weiter. Und zwar geht der Erbteil nicht auf alle Grosseltern gleichsam, sondern nur auf diejenige Seite, welche mit dem vorverstorebenen Grosselternteil verheiratet war (Anwachsungsprinzip). Sind auf einer Seite keine Grosseltern oder Nachkommen vorhanden, geht die ganze Erbschaft auf die andere Seite.
Wie erben der Ehegatte / der eingetragene Partner oder die eingetragene Partnerin?
Neben den gesetzlichen Erben der Parentelen sind auch die Ehegatten oder die eingetragenen Partner erbberechtigt, wenn die Intestaterbfolge greift. Neben der ersten Parentel erben diese eine Quote von 1/2. Neben der zweiten Parentel erbt der Ehegatte oder der eingetragenen Partner 3⁄4 des Nachlasses.
Sollte nur die dritte Parentel vorhanden sein und ein Ehegatte oder ein eingetragener Partner, so erbt der Ehegatte alles und die Erben der dritten Parentel nichts. Wichtig ist, dass jeweils die Ehe oder die eingetragene Partnerschaft bestehen muss. Das heisst insbesondere die Ehe darf nicht geschieden sein. Sollte nur der der Haushalt aufgelöst sein, ist dies noch nicht relevant.
Das heisst, dass Lebenspartner nicht durch die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt sind. Ein Konkubinat reicht nicht, um von Gesetzes wegen zu erben. Es wäre aber durchaus denkbar, in einem solchen Fall ein Testament zu machen und die Personen so als Erben einzusetzen.
Unsere Anwalt für Erbrecht in Zürich hilft Ihnen gerne dabei.
Wie viel erbt man als gesetzlicher Erbe?
Wie oben beschrieben wurde, sind für die Ehegatten und die eingetragenen Partner die Quoten geregelt. Der Rest wird auf die Parentel verteilt.
Bei der Anwendung der gesetzlichen Erbfolge erfolgt die Einteilung der Erben nach Quoten.
Sollte also ein Erblasser einen eingetragenen Partner haben und ein Kind ist wie folgt vorzugehen: Der Ehegatte erbt neben der ersten Parentel 1⁄2. Für das Kind bleibt also ebenfalls 1⁄2. Sollten keine Nachkommen vorhanden sein, aber beide Eltern des Erblassers, so erbt der Ehegatte (aufgrund der 2. Parentel) 3⁄4 des Nachlasses.
Die Eltern Erben dann zusammen 1⁄4 des Nachlasses, das heisst je 1/8. Fallkonstelationen mit verschiedenen Nachkommen können durchaus kompliziert werden, weshalb es sich lohnt je nach Fall einen Anwalt für Erbrecht beizuziehen.
Was bedeutet „gewillkürte Erbfolge“?
Die Intestaterbfolge ist subsidiär, das heisst sie kommt nur dann Zur Anwendung, wenn keine Verfügung von Todes wegen, das heisst eine letztwillige Verfügung (Testament) oder ein Erbvertrag vorliegt.
Der Erblasser kann über seinen ganzen Nachlass mit dem Instrument des Testaments bzw. des Erbvertrags verfügen.
Verfügt der Erblasser über sein Vermögen, so heisst dies, dass er die Erbfolge individuell festlegt.
Das nennen Juristen „gewillkürte“ Erbfolge. Der Erblasse muss einzig die Pflichtteile beachten, ansonsten kann die Verfügung angefochten werden.
Was sind die Voraussetzungen, dass man Erbe wird?
Damit ein Erbe, sei es aufgrund der Intestaterbfolge oder aufgrund eines Testaments erben kann, muss er folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Erbfähigkeit
- Keine Erbunwürdigkeit
- Keine Enterbung
Erbfähigkeit
Grundsätzlich ist jede Person erbfähig, so langen sie lebt und nicht erbunwürdig ist. Es kann sogar ein ungeborenes Kind (Nasciturus) erbfähig sein, wenn davon ausgegangen wird, dass das Kind lebendig geboren wird.
Erbwürdigkeit
Grundsätzlich sind alle Erben erbwürdig, das heisst würdig, eine Zuwendung zu empfangen. Von diesem Grundsatz kann in Extremsituationen aber abgewichen werden, dies nämlich bei:
- strafbarem Handlungen gegen den Erblasser oder nahestehenden Personen (z.B Fälschung des Testaments, versuchter oder durchgeführter Mord des Erblassers);
- körperlichen oder geistigen Einwirkungen auf den Erblasser, mit dem Ziel, im Testament erwähnt zu werden oder mehr zu bekommen.
Die Erbunwürdigkeit einer Person, führt aber nicht zur Erbunwürdigkeit der Nachkommen. Ist ein gesetzlicher Erbe erbunwürdig geworden, erben dessen Nachkommen trotzdem.
Enterbung
Im Gegensatz zur Erbunwürdigkeit, welche durch das Gesetz eintritt, kann der Erblasser auch durch eine einseitige Anordnung einem Erben das Erbe und sogar den Pflichtteil entziehen. Der Erblasser kann sich hier entweder der sogenannten Straf- oder der Präventiventerbung bedienen.
Die Strafenterbung kommt zum Zug, wenn
- der Erbe eine schwere Straftat gegen den Erblasser oder eine nahestehende Person begeht; oder
- die familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt.
Erbrechtliche Fragestellungen können sehr schnell kompliziert werden. Zudem kommt es bei erbrechtlichen Angelegenheiten nicht selten zu Streitereien zwischen den Verwandten. Aus diesem Grund lohnt es sich immer einen Anwalt mit Schwerpunkt Erbrecht herbeizuziehen, welcher alle Fallstricke erkennt. Unsere Spezialisten aus Zürich helfen ihnen sehr gerne dabei.
Eine Präventiventerbung ist möglich in Fällen, in denen Verlustscheine in erheblichem Ausmass vorliegen.